the golden Rabbit

Makoto Azuma – der Poet unter den Floristen

Es gäbe viel zu sagen über diesen Mann. Aber vielleicht fangen wir ganz am Anfang an: Makoto Azuma, geboren 1976 in der japanischen Präfektur Fukuoka. Im zarten Alter von 19 Jahren zieht er mit seinem Kumpel Shunsuke Shiinoki aus der Provinz nach Tokio. Beide wollen unbedingt Musik machen und große Punkmusiker werden. Der Plan erwies sich als schwierig und Azuma-san musste auf dem Tokioter Blumen- und Gemüsegroßmarkt arbeiten, um über die Runden zu kommen. Dort stolperte der angehende Punk über die Botanik, und es war Liebe auf den ersten Blick. Er bewarb sich als Florist in einem Blumengeschäft und eröffnete drei Jahre später zusammen mit Shiinoki Shunsuke den bis heute legendären Blumenladen (oder besser Atelier oder Labor) „JARDINS des FLEURES“ im Tokioter Stadtteil Ginza.

Azuma-san versteht sich als botanischer Bildhauer. In seinen Arbeiten erforscht er den Lebenszyklus der Blumen von der Keimung bis zur Verwesung. Grundlage seiner Arbeit ist die große japanische Tradition des Ikebana. Die Kunst, den Blumen zuzuhören, ihre Seele zu erkennen und sie durch das Arrangement zum Leuchten zu bringen.

Makoto Azuma fügt dieser Tradition die Vergänglichkeit hinzu. Für ihn muss die Arbeit mit Blumen in der Morgendämmerung stattfinden, wenn das Leben der Blumen beginnt. Dann sei die telepathische Verbindung zwischen Florist und Blume am stärksten. Er zollt der Blume Respekt. Er anerkennt sie als Lebewesen. Seine Arbeit ist für Europäer oft eine emotionale Provokation. Sie basieren auf dem japanischen Konzept des „mono no aware“ – der Kunst, mit der Vergänglichkeit des Lebens umzugehen, die vergängliche Schönheit zu genießen und sie mit einer Mischung aus Freude, Trauer und Akzeptanz zu betrachten.

Azuma-san hat die Welt der gewöhnlichen Floristik längst hinter sich gelassen. Er ist ein Blumenbildhauer. Seine Skulpturen sind vergänglich. Er schickt Bonsais ins Weltall und Blumensträuße in die Tiefsee. Er friert Schönheit ein und lässt riesige Blumenskulpturen auf Flüssen und Seen treiben.

Die vollkommene Schönheit, die makellose Pracht gilt nur für den Augenblick. Doch nach diesem Augenblick entsteht etwas Neues, eine andere Schönheit. Eine Schönheit der Kraft, der Vergänglichkeit, des Vergehens.

Makoto Azuma und sein Kumpel Shiinoki Shunsuke sind zwar keine Punkmusiker geworden (obwohl sie immer noch ziemlich wilde Musik machen), aber sie arbeiten immer noch zusammen. Denn wie Azuma-san die Botanik, so hat Shiinoki Shunsuke die Fotografie für sich entdeckt. Seine atemberaubenden Aufnahmen halten Azumas vergängliche Kunstwerke fest und verleihen ihrer Schönheit Ewigkeit. Wer das making-off der gefrorenen Skulpturen sehen mag: Hier!

Azuma und Shunsuke arbeiten heute für alle großen Luxusmarken der Welt. Sie gestalten Schaufenster und Catwalks. Aber eines ist geblieben: Wenn man in Tokio ist, kann man immer noch in ihren Blumenladen gehen und sich einen schönen Strauß bestellen. Wer es nicht dorthin schafft, kann neuerdings auch digital auf Azumas Seite „Metaflorist“ einen Strauß bestellen. Den bekommt man dann als NFT – also als digitales Kunstwerk. Das wäre doch mal ein Weihnachtsgeschenk der anderen Art!