Was, wann und wie? Und warum funktioniert’s nicht?
Ich bekenne mich schuldig. Ich habe schon jede Menge Saatgut versenkt. Ich habe versucht, Langschläfer noch im Juni zu säen, Kaltkeimer im Mai und wärmeliebende Saat im Herbst. Ich habe Lichtkeimer verbuddelt und Dunkelkeimer heiter zwischen Blumen auf die Erde gestreut. Und (wenn ich mich noch daran erinnern konnte, was ich wo gesät hatte) wunderte ich mich, warum die Saat nicht keimte. Eine Unverschämtheit das! Nun muss ich aber erklären, ich gehöre auch zu den Menschen, die ohne Kochbuch kochen. Ich habe deshalb auch Aussaatregeln lange Zeit nur für freundliche Vorschläge gehalten.
Heute, einige Gartenjahre später, weiß ich es besser. Wenn man ein klitze klein wenig darauf achtet, was die Pflanzen sich wünschen, erzielt man deutlich größere Erfolge.
Nun ist es ja so: Die Natur kommt auch großartig ohne uns zurecht. Der ewige Kreislauf von Werden, Blühen und Vergehen braucht den neunmalklugen Gärtner nicht. Die Pflanzen wachsen, blühen und die Samen fallen zu Boden. Dort liegen sie so vor sich hin. Vielleicht werden sie etwas in den Boden geschwemmt – vielleicht auch nicht. Sie liegt so lange schlafend, bis die ideale Keimtemperatur erreicht ist. Dann keimen sie. Sie keimen nicht, weil auf dem Kalender März steht. Sie keimen auch nicht, weil der Gärtner sie sät und gießt. Und sie keimen schon gar nicht, weil der Gärtner es will.
Auf englischen Saatgutpackungen findet man oft den schönen Satz: „Can be sown anytime – germination will take place around XX degrees“ – dieser Satz ist umwerfend weise. Denn es ist tatsächlich so. Man kann Saat immer säen. Die Saat keimt erst wenn ihr die äußeren Bedingungen für dieses Vorhaben ideal erscheinen. Wenn es ihr in dem einen Jahr nicht aussichtsreich erscheint, legt sie sich wieder schlafen und versucht es im nächsten Jahr noch einmal. Wenn sie Pech hat, wird sie in der Zwischenzeit gefressen oder sie verschimmelt. Sehr oft aber keimt sie einfach mit 12 Monaten Verspätung wie Kai aus der Kiste, und tut so als sei das normal.
Aussaatzettel sind also eher der Versuch, den Zeitpunkt nachzuempfinden, den die Pflanze als ideal empfindet. Feuchtigkeit, Temperatur, Sonneneinstrahlung – all das spielt eine Rolle. Deshalb sind selbst Aussaatkalender die sich auf 14 Tagen genau festlegen, nur eine ungefähre Angelegenheit.
Aber manchmal ist es ja auch ganz schön sich an einem schlauen Zettel festzuhalten…..

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Natürlich hat dieser Aussaatzettel mehr Löcher als Buchstaben – aber er enthält auch den einen oder anderen Tipp. Wer ist ein Lichtkeimer und wer nicht? Und wer ist irgendwie eher Lichtkeimer aber nicht wirklich. Wer ist Kaltkeimer und wer wartet lieber auf warme Böden. Wer braucht eine lange Anlaufzeit und wer ist ein Sprinter?
Die unbequeme Saatgut-Wahrheit lautet: Wenn es nicht klappt, liegt es in der Regel am Gärtner und nicht am Saatgut. Das ist bitter – aber so ist es. Auch Profis müssen oft nach- oder neu aussäen, weil es nicht so läuft, wie sie es sich das erhofft haben (oder wie es im Aussaatkalender stand).
Um mit dem großen Bertolt Brecht zu sprechen:
Ja mach nur einen Plan!
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch’nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht „*
Wir wünschen Ihnen von Herzen eine glückliche Hand und allzeit „gut keim“!
*Bertholt Brecht; Ballade Von Der Unzulänglichkeit Menschlichen Planens

Umpflanzen und pikieren – eine Arbeit für sehr geduldige Menschen und ein anderes Thema …