Apfelblüte aus Glas von Leopold und Rudolf Blaschka
Bis heute unerreicht: Leopold & Rudolf Blaschka
Man muss schon weit reisen, um die Arbeiten der Glaskünstler Leopold und Rudolf Blaschka zu sehen. Dieses Gespann aus Vater und Sohn gehört bis heute zu den unübertroffenen Titanen der Herstellung von botanischen Modellen. Aber: beginnen wir doch am Anfang. Leopold Blaschka, geboren am 27. Mai 1822 in Böhmen, stammte aus einer Glasbläserfamilie, die sich auf die Herstellung von Glasaugen und Glasornamenten spezialisiert hatte. Der kleine Leopold wurde zu einem befreundeten Goldschmied in die Lehre geschickt. Dort lernte er die filigrane Arbeit und den Schliff von Edelsteinen.
Nach Abschluß der Lehre trat er in den elterlichen Betrieb ein, erlernte das Glasbläserhandwerk und konzentrierte sich fortan darauf, die Glasaugen noch schöner und natürlicher zu gestalten. Das Geschäft boomte, das Leben hätte schön sein können. Leopold heiratete. Seine Frau und er bekamen einen Sohn. Aber das Leben meinte es nicht gut mit ihm. 1850 starben seine Frau und sein Sohn an der Cholera, ein Jahr später starb sein Vater. Die Schicksalsschläge setzten dem 28 jährigen Leopold schwer zu. 1953 entscheidet er sich zum Aufbruch – eine Schiffsreise würde ihm gut tun. Sein Ziel war Amerika – der Sehnsuchtsort der damaligen Zeit. Dort wollte er sich einr Zeit lsng als reisender Handwerker verdingen.
Auf der Reise bleibt der Großsegler auf der Höhe der Azoren zwei Wochen lang in einer Flaute stecken. Das Schiff steht still. Es regte sich kein Lüftlein. Blaschka langweilt sich, beobachtet das Meer, träumte und notiert:

Rudolf Blaschka mit seinen Eltern Leopold und Caroline in Dresden.
„Es ist eine schöne Nacht im Mai. Hoffnungsvoll blicken wir über die spiegelglatte Dunkelheit des Meeres; ringsum taucht an verschiedenen Stellen ein blitzartiges Bündel von Lichtstrahlen auf, als sei es von Tausenden von Funken umgeben, die wahre Feuerbündel bilden, und von anderen hellen Lichtpunkten und den scheinbar gespiegelten Sternen. Dicht vor uns taucht ein kleiner Punkt in einem scharfen grünlichen Licht auf, der immer größer wird und schließlich zu einer hell leuchtenden sonnenähnlichen Gestalt wird.“
Der Seegetier-Funke war in sein Herz gepflanzt! Am nächsten Tag beginnt Blaschka mit den ersten Skizzen von Meerestieren. Seesterne, Seeanemonen, Quallen, Seespinnen… die Faszination der Meeresfauna ließ ihn fortan nicht mehr los. Zurück in Dresden heiratete er 1854 erneut. 1857 bringt seine Frau Caroline Riegel den gemeinsamen Sohn Rudolf zur Welt. Leopold Blaschka arbeitet weiterhin als Hersteller von Glasaugen, Glas-ornamenten und feinen Glaswaren. In seiner Freizeit begann er jedoch

Octopus aus Glas aus der Werkstatt der Blaschkas
Glasmodelle von Planzen und Meerestieren herzustellen. Die Modelle waren nicht für den Verkauf bestimmt, erregten aber in wissenschaftlichen Kreisen großes Aufsehen. Botanische und zoologische Modelle waren zu dieser Zeit eher rohe Darstellungen aus Wachs oder Pappmaché. Es dauerte nicht lange, bis Blaschka die ersten bezahlten Aufträge erhielt. Die Anfragen wurden mehr und mehr. Gelehrte und Adelige reichten ihn von Sammlung zu Sammlung weiter und schließlich beschloss Leopold Blaschka, die Glasaugen Glasaugen sein zu lassen und sich auf botanische und zoologische Modelle zu konzentrieren. Er studierte die „Kunstformen der Natur“ von Ernst Haeckel, korrespondierte mit ihm und lieh sich von ihm Bücher und Skizzen um seine Modelle weiter zu verfeinern.

Blaschka Glasmodelle von Meerestieren, c) National Geographic
Der kleine Rudolf wächst mit diesen Wunderwerken auf. Der Vater lehrt den Sohn bei, wie man aus Glas Magie formt. 1880 tritt Rudolf Blaschka in den väterlichen ein. Das goldene Zeitalter von Leopold & Rudolf Blaschka beginnt! Sie haben alle Hände voll zu tun und teilen das Jahr in eine Hälfte für die Herstellung von Meerestieren und eine Hälfte für die Produktion der botanischen Modelle. Der Sohn korrespondiert mit Wissenschaftlern in aller Welt, er reist ebenfalls nach Amerika und im Jahr 1886 unterzeichnen die Blaschkas einen 10 Jahres-Vertrag mit der Harvard University in Cambridge, für die sie in der Folge rund 4.400 botanische Glasmodelle herstellen.

Tableau mit Blaschka Pflanzenmodellen im Museum der Harward University Cambridge
Im Jahr 1895 stirbt Leopold Blaschka, sein Sohn führt die Arbeit weiter. Als er 1938 im Alter von 80 Jahren in den Ruhestand geht und nur ein Jahr später stirbt, endet die Geschichte der Blaschkas. Vater und Sohn hatten keine Lehrlinge und Rudolf keine Kinder. Unersetzbares Wissen geht mit ihnen für immer verloren.



Blaschka Blumenmodelle im Museum der Harward University Cambridge
Die delikaten Modelle der Blaschkas sind über die ganze Welt verstreut. Ein großes Konvolut der Meerestiere sind im Museum des Trinity College in Dublin zu sehen, die gigantische Menge von 4.000 botanischen Modellen im Harvard Museum of National History in Cambridge. Einige Modelle sind im Naturhistorischen Museum in Genf, einige im Natural History Museum in London und im Naturhistorischen Museum in Wien, einige in Berlin, es gab 60 Orchideen in Lüttich, die leider bei einem Brand zerstört wurden. Und sehr, sehr viele Arbeiten sind in den Wirren des Krieges verloren gegangen.
Die Museen schicken die Modelle nur ungern auf Ausstellungstour. Zu zerbrechlich – zu gefährlich. Wenn Sie also irgendwann einmal die Chance haben, die Modelle zu sehen, dann tun sie es unbedingt. Ich verspreche Ihnen ein Erlebnis der besonderen Art!
… rein virtuell kann man sich die Museen natürlich auch anschauen. Ich habe zwei ganz nette Filme dazu gefunden.